Autorin: Linda Jacobs
Die Tertiärregelleistung ist eine Reserveleistung, die das Stromnetz bei länger anhaltenden Ungleichgewichten stabil hält. Sie kommt dann zum Einsatz, wenn kurzfristige Hilfen wie Primär- oder Sekundärregelleistung nicht mehr ausreichen – zum Beispiel bei großen Prognoseabweichungen oder technischen Störungen. Sie ist auch als „Minutenreserve“ bekannt, da sie innerhalb von 15 Minuten vollständig einsatzbereit sein muss.
Im Stromnetz muss jederzeit genau so viel Strom erzeugt werden, wie verbraucht wird. Diese Balance wird durch ein mehrstufiges Sicherheitssystem abgesichert:
Mithilfe dieses gestaffelten Systems bleibt das Netz auch bei kurzfristigen Schwankungen stabil.
Die vier deutschen ÜNB – TenneT, 50Hertz, Amprion und TransnetBW – rufen die Tertiärregelleistung gezielt in der betroffenen Regelzone ab. Die Aktivierung erfolgt automatisiert über eine digitale Plattform, den sogenannten Merit-Order-List-Server (MOLS). Dort sind alle Gebote nach Preis sortiert hinterlegt. Die günstigsten Anbieter werden zuerst aktiviert.
Wichtig: Die Leistung muss innerhalb von 15 Minuten vollständig bereitstehen und dann mindestens 15 Minuten konstant verfügbar bleiben. Diese Anforderungen stellen sicher, dass das Netz auch bei längeren Ungleichgewichten zuverlässig versorgt bleibt.
Neben klassischen Großkraftwerken können auch viele kleinere Einheiten die Minutenreserve bereitstellen – wenn sie technisch geeignet und präqualifiziert sind. Dazu zählen:
Beispiel: Wenn zu viel Strom im Netz ist, kann ein industrieller Verbraucher kurzfristig zugeschaltet werden – der Verbrauch steigt, das Netz wird entlastet. Umgekehrt können Erzeuger kurzfristig heruntergefahren werden, wenn zu wenig Strom verbraucht wird. So funktioniert positive oder negative Minutenreserve.
Seit 2020 wird die Tertiärregelleistung in zwei Bestandteile aufgeteilt und separat vergütet:
Dieses Modell sorgt für faire Wettbewerbsbedingungen und belohnt flexible Anbieter, auch wenn sie nicht rund um die Uhr einspeisen.
Wenn viele Solaranlagen gleichzeitig Strom einspeisen – etwa mittags bei Sonnenschein – kann das Netz schnell überlastet sein. Umgekehrt kann es bei Flaute oder Dunkelheit zu Unterversorgung kommen. Die Minutenreserve sorgt dafür, dass Angebot und Nachfrage in Echtzeit wieder ins Gleichgewicht kommen.
Wärmepumpen sind dabei besonders wertvoll: Sie können ihren Betrieb zeitlich verschieben, ohne dass der Wohnkomfort leidet. So verbrauchen sie Strom genau dann, wenn er verfügbar und günstig ist – etwa bei viel Solarstrom im Netz.