Autorin: Linda Jacobs
Die Primärregelleistung (PRL), auch als Frequency Containment Reserve (FCR) bekannt, ist eine der drei Formen von Regelenergie, mit denen Netzbetreiber das Stromnetz stabil halten. Ihre Aufgabe: Bei einem Ungleichgewicht zwischen Stromerzeugung und -verbrauch automatisch gegensteuern, um Versorgungsausfälle zu verhindern. Sie reagiert innerhalb von 30 Sekunden auf Frequenzabweichungen vom Sollwert von 50 Hertz. Damit ist sie der schnellste Mechanismus zur Sicherung der Netzfrequenz.
Im Stromnetz muss zu jedem Zeitpunkt exakt so viel Energie erzeugt werden, wie verbraucht wird. Schon kleine Abweichungen wirken sich auf die Netzfrequenz aus. Wird zu wenig Strom eingespeist, sinkt die Frequenz – bei einem Überschuss steigt sie. Die Primärregelleistung sorgt dafür, dass das Netz innerhalb eines Toleranzbereichs stabil bleibt.
Sobald sich die Frequenz im Stromnetz messbar vom Sollwert entfernt, wird PRL automatisch aktiviert. Das funktioniert über sogenannte „proportional reagierende Regler“ in teilnehmenden Kraftwerken, Speicherkraftwerken oder großen Industrieanlagen. Die Primärregelung beginnt ab einer Frequenzabweichung von ±10 Millihertz (mHz) und muss innerhalb von 30 Sekunden vollständig wirken. Die bereitgestellte Leistung muss dann mindestens 15 Minuten aufrechterhalten werden.
Die Reaktion basiert auf der Formel k·Δf, wobei k für den Vorhaltefaktor des Übertragungsnetzbetreibers steht und Δf die Abweichung der Frequenz beschreibt. Die Bereitstellung erfolgt also rein frequenzgesteuert – ohne menschlichen Eingriff.
Die konkrete Leistung wird nicht gemessen, sondern rechnerisch ermittelt. In der Praxis kann sie die bezuschlagte Menge auch überschreiten. Auf der Plattform netztransparenz.de werden die aktivierten PRL-Mengen für ganz Deutschland veröffentlicht.
Nur präqualifizierte Anlagen, die bestimmte technische Anforderungen an Reaktionsgeschwindigkeit und Leistungsbandbreite erfüllen und nachweisen, dürfen PRL anbieten. Häufig beteiligt sind große Kraftwerke, Batteriespeicher oder auch virtuelle Kraftwerke, die viele kleinere Erzeuger und Verbraucher bündeln.
Für die Teilnahme an der PRL-Ausschreibung ist es üblich, dass mehrere Länder kooperieren. Deutschland bildet mit Belgien, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz und Frankreich den größten grenzüberschreitenden PRL-Markt in Europa. Die nötige PRL wird wöchentlich über eine gemeinsame Plattform ausgeschrieben, wobei die Beschlusskammer 6 der Bundesnetzagentur das Verfahren regelt.
Die Primärregelleistung wird je nach Bedarf in zwei Richtungen aktiviert:
PV-Anlagen, Wärmepumpen oder auch Wallboxen können im Verbund mit Speichern einen Beitrag zur negativen PRL leisten – etwa durch gezieltes Abregeln bei Überfrequenz (“Wirkleistungsbegrenzung”). Eine Rolle spielen auch intelligente Steuerungssysteme, die netzdienliches Verhalten fördern.
Während die Primärregelleistung automatisch und sofort reagiert, folgt nach etwa 30 Sekunden die Sekundärregelleistung, die gezielter eingesetzt wird und das Gleichgewicht mittelfristig sichert. Noch später folgt die sogenannte Minutenreserve.
Die Kombination aus PRL, Sekundärregelung und Minutenreserve sorgt dafür, dass unser Stromnetz auch bei plötzlichen Schwankungen stabil bleibt – ob bei Wettereffekten auf Solaranlagen oder unerwarteten Lastspitzen bei Wärmepumpen.