Die Elektromobilität entwickelt sich rasant weiter – und mit ihr neue, innovative Nutzungsmöglichkeiten von E-Autos. Eine besonders zukunftsweisende Technologie ist das bidirektionale Laden: Dabei dient das E-Auto nicht nur als Fortbewegungsmittel, sondern auch als mobiler Stromspeicher.
Dieser Ansatz eröffnet vielfältige Einsatzmöglichkeiten – vom Laden externer Geräte bis hin zur Einspeisung ins Stromnetz. In diesem Text erfahren Sie, welche Arten von bidirektionalem Laden es bereits gibt und welche Hürden einer umfassenden Nutzung im Weg stehen.
So funktioniert bidirektionales Laden
Bidirektional heißt wörtlich übersetzt „in zwei Richtungen“ oder „hin und her“. Der Ausdruck meint ein System, das in beide Richtungen arbeitet. Die Technik ist grundsätzlich nicht neu, denn dazu sind schon lange viele Geräte in der Lage: Akkus von Laptops und Powerbanks werden aufgeladen und versorgen etwa Handys mit Energie.
Beim E-Auto heißt das, die Batterie kann Strom aus dem Netz aufnehmen (laden), und Strom zurück ins Netz leiten oder an andere Geräte abgeben (entladen). Ein E-Auto wird somit zum Stromspeicher.
Gut zu wissen: Elektroautos fahren mit Gleichstrom (DC), im Haushalt nutzen wir Wechselstrom (AC). Deshalb muss der Wechselstrom beim Laden in Gleichstrom umgewandelt werden. Das erledigt ein Gleichrichter, der sich entweder im Bordladegerät des Fahrzeugs oder in einer DC-Wallbox befindet. Soll der Strom wieder ins Netz zurückfließen, braucht man einen Wechselrichter. Der wandelt Gleichstrom in Wechselstrom um.
Was kann man mit einem Elektroauto bidirektional laden?
Generell gibt es drei Varianten, bidirektional zu laden:
- Vehicle-to-Load (V2L): Geräte werden im E-Auto über eine ganz normale Schuko-Steckdose geladen. Diese Möglichkeit bieten Fahrzeuge wie der Hyundai Ioniq, der Kia Niro oder die Modelle von MG.
- Vehicle-to-Home (V2H) : Der Strom fließt von der Autobatterie über eine Wallbox ins Hausstromnetz – zum Beispiel, wenn die Solaranlage gerade keinen Strom produziert.
- Vehicle-to-Grid (V2G): Der Strom aus der E-Autobatterie fließt ins öffentliche Netz. Durch intelligente Steuerung könnten so viele Tausend E-Autos zu einem "virtuellen Kraftwerk" zusammengeschaltet werden und eine stabile Energieversorgung voranbringen.
Der Oberbegriff für die drei Varianten lautet V2X. Er bezeichnet die Einbindung des E-Autos in die Stromversorgung.
In Deutschland ist aktuell nur die erste Variante – Vehicle-to-load (V2L) – möglich. Und das, obwohl es die technischen Rahmenbedingungen schon lange gibt und im April 2023 die internationale Organisation für Normung die ISO 15118-20 veröffentlichte. Sie regelt die Kommunikation zwischen E-Auto und Ladeeinrichtung, etwa einer Wallbox.
Es ist also die Aufgabe der Hersteller von Wallboxen, E-Autos und Energiemanagementsystemen, normkonforme, kompatible Produkte zu wirtschaftlichen Preisen auf den Markt zu bringen.
Bidirektionales Laden: Das gibt es noch zu tun
Das Grundgerüst steht, aber noch fehlen viele Details. Sowohl bei der Technik, als auch bei politischen Rahmenbedingungen und Gesetzen. Wir zeigen, was notwendig ist.
- Ein intelligentes Lastmanagement, damit der Strom im eigenen Haushalt und im öffentlichen Stromnetz verbraucht werden kann. Dafür muss die Be- und Entladung vieler E-Auto-Batterien mit dem Stromnetz abgestimmt werden.
- Technische Unterschiede zwischen E-Auto-Modellen vereinheitlichen. Das betrifft die Größe der Batterie bis zur Spannung im Bordnetz. Das ist wichtig, um Fehlfunktionen, Kurzschlüsse oder Schäden an der Batterie zu vermeiden.
- Verfahren, wie Autohersteller mit der Garantie für die Autobatterie umgehen, wenn man damit bidirektional lädt. Die Batterie würde so nämlich viel häufiger be- und entladen, was die Lebensdauer verkürzt.
- Information, wer haftet, wenn Fehlfunktionen auftreten.
- Gesetzlicher Rahmen, der festlegt, dass für Elektroautos genau wie für Großspeicher keine Netzentgelte bezahlt werden müssen. Aktuell zahlt man Steuern für den Strombezug aus dem Netz und bei der Rückspeisung ins Netz. Diese Doppelbesteuerung macht die Einspeisung unwirtschaftlicher.
Bidirektionales Laden: Mit diesen Fahrzeugen klappt es
Diese Hersteller und Modelle erlauben bidirektionales Laden:
Modell |
Stecker |
AC / DC |
Art |
Cupra Born (77 kWh / VW-Konzern-Software 3.5) |
CSS |
DC |
V2H: lt. VW seit Anfang 2024 mit Wallbox und Hauskraftwerk S10 E Compact von E3/DC / V2G (vorbereitet) |
Genesis Electrified G80 / GV70 |
Schuko |
AC (1-phasig) |
V2L, V2H und V2G whsl. in der nächsten Generation |
Nissan Leaf |
CHAdeMO |
DC |
V2H / V2G (vorbereitet) |
Hyundai Ioniq 5 / 6 |
Schuko |
AC (1-phasig) |
V2L |
Kia EV6 / Niro EV |
Schuko |
AC (1-phasig) |
V2L |
MG 4 / 5 / Marvel |
Schuko |
AC (1-phasig) |
V2L |
Skoda Enyaq (77 kWh / VW-Konzern-Software 3.5) |
CCS |
DC |
V2H: lt. VW seit Anfang 2024 mit Wallbox und Hauskraftwerk S10 E Compact von E3/DC / V2G (vorbereitet) |
Volvo EX90 |
Schuko / Typ 2 / CCS |
AC (1/3-phasig) / DC |
V2L / V2H / V2G (vorbereitet) |
VW ID.3, ID.4, ID.5, ID Buzz (77 kWh / VW-Konzern-Software 3.5) |
CCS |
DC |
V2H: lt. VW seit Anfang 2024 mit Wallbox und Hauskraftwerk S10 E Compact von E3/DC / V2G (vorbereitet) |
Polestar 3 |
Schuko / Typ 2 / CCS |
AC (1/3-phasig) / DC |
V2L / V2H / V2G (vorbereitet) |
Auch mit der Wallbox von Enpal könnte man theoretisch schon bidirektional laden. Das Gerät selbst ist mit allen technischen Voraussetzungen ausgestattet. Sobald die politischen Rahmenbedingungen gegeben sind, muss nur ein Software-Upgrade gemacht werden.
Vor- und Nachteile von bidirektionalem Laden
Bidirektionales Laden hat einige Vorteile, aber auch Herausforderungen, die mit deren Einführung in Deutschland zusammenhängen. Das sind folgende:
Vorteile und Nachteile
Vorteile |
Nachteile |
Netzstabilisierung: Ausgleich von Lastspitzen, Integration erneuerbarer Energien |
Batterieverschleiß |
Fortschritt Energiewende |
Technische Komplexität |
Einnahmen durch Stromverkauf |
Aktuell nicht möglich wegen rechtlicher und regulatorischer Lücken |
Kombination mit dynamischen Stromtarifen |
Investitionskosten E-Auto |
Höhere Unabhängigkeit vom Stromanbieter |
Veraltete Infrastruktur im Stromnetz |
Notstromversorgung für Haushalte |
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Effektiv laden und entladen mit Energiemanager |
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Auch ohne bidirektionales Laden sind Wallbox und Photovoltaik die Traumkombination für Kostenersparnis, Unabhängigkeit und Umweltschutz. Ob sich eine Photovoltaikanlage auch für Ihr Haus lohnt, finden Sie hier heraus: