Autorin: Linda Jacobs
Regelenergie – auch Regelleistung genannt – sorgt dafür, dass unser Stromnetz jederzeit stabil bleibt. Weil sich Strom nur in sehr begrenztem Umfang speichern lässt, müssen kurzfristige Schwankungen direkt ausgeglichen werden. Genau dafür ist Regelenergie da: Sie wird automatisch oder manuell aktiviert, wenn die Netzfrequenz vom Sollwert abweicht und sichert so die Stabilität des Stromnetzes.
Die Bundesnetzagentur beschreibt Regelenergie als Steuerungsinstrument, mit dem Netzbetreiber unvorhergesehene Abweichungen zwischen Stromerzeugung und Stromverbrauch ausgleichen. Dabei unterscheidet man zwischen positiver Regelenergie (wenn zu wenig Strom im Netz ist) und negativer Regelenergie (wenn zu viel Strom eingespeist wird).
Im europäischen Verbundnetz liegt die Netzfrequenz bei konstant 50 Hertz. Schon kleinste Abweichungen – etwa aufgrund plötzlicher Lastspitzen, unerwarteter Einspeisung von Solarstrom oder dem Ausfall eines Kraftwerks – können die Stabilität des Systems gefährden.
Damit Stromverbrauch und -erzeugung immer exakt übereinstimmen, stehen den Netzbetreibern verschiedene Regelenergiearten zur Verfügung. Sie gleichen nicht nur den laufenden Energiefluss aus, sondern sind auch wichtig für die Integration erneuerbarer Energien, zum Beispiel, wenn sich durch eine Wolkenfront die Einspeisung von Solaranlagen innerhalb von Sekunden ändert.
In Deutschland sind die vier Übertragungsnetzbetreiber (50Hertz, Amprion, TenneT, TransnetBW) für die Stabilisierung ihrer jeweiligen Regelzone verantwortlich. Die Netzbetreiber nutzen ein dreistufiges System, das sich nach Reaktionsgeschwindigkeit und Umfang unterscheidet:
Welche Reserveart aktiviert wird, hängt vom Ort und Ausmaß der Störung ab. Während Primärregelleistung dezentral und solidarisch innerhalb ganz Europas bereitgestellt wird, erfolgt die Aktivierung von Sekundär- und Minutenreserve gezielt durch den verantwortlichen Übertragungsnetzbetreiber – nach dem sogenannten Verursacherprinzip. Das heißt: Nur die Regelzone, in der das Ungleichgewicht entsteht, steuert aktiv gegen.
Der Bedarf an Regelenergie wird regelmäßig über die Plattform regelleistung.net ausgeschrieben. Dort können Anbieter ihre Leistungen anbieten – von Großkraftwerken über flexible Industrieprozesse bis hin zu Batteriespeichern. Voraussetzung ist die sogenannte Präqualifikation, bei der technische Mindestanforderungen überprüft werden. Diese sind allerdings bislang stark auf konventionelle Erzeuger zugeschnitten, was die Teilnahme kleinerer Anbieter oder regenerativer Erzeuger erschwert.
Laut dem DIW Berlin könnten aber auch viele Anlagen auf Basis erneuerbarer Energien wie PV oder Wind grundsätzlich Regelenergie bereitstellen – etwa mit Hilfe gezielter Leistungsdrosselung oder intelligenter Speichersteuerung. Auch Wärmepumpen, die sich flexibel betreiben lassen, könnten mittelfristig als steuerbare Lasten in den Markt integriert werden.
Der Regelenergiemarkt wird fortlaufend weiterentwickelt. Seit Einführung des Regelarbeitsmarkts (RAM) erfolgt die Beschaffung von Leistung und Energie separat, was den Wettbewerb belebt. Zudem entstehen europäische Kooperationsplattformen wie PICASSO (automatisierte Frequenzregelung) oder MARI (manuelle Reserve), die einen Binnenmarkt für Regelenergie vorbereiten. Ziel ist es, grenzüberschreitend effizienter zu arbeiten – bei gleichzeitig hoher Versorgungssicherheit.