Autorin: Linda Jacobs

Zuletzt aktualisiert am:
6.6.2025

Bilanzkreis

Ein Bilanzkreis ist ein virtuelles Energiemengenkonto. Es stellt sicher, dass im Stromnetz jederzeit ein Gleichgewicht zwischen eingespeister und entnommener Energie besteht. Er bildet die kleinste organisatorische Einheit im Strommarkt und verknüpft die physikalische Welt der Energieflüsse mit dem Stromhandel. Jeder Stromverbrauch und jede Einspeisung in Deutschland ist einem Bilanzkreis zugeordnet – unabhängig davon, ob es sich um ein Großkraftwerk, eine Solaranlage oder eine Wärmepumpe handelt.

Wie ist ein Bilanzkreis aufgebaut und was macht er?

Ein Bilanzkreis umfasst eine oder mehrere Einspeise- und Entnahmestellen innerhalb einer sogenannten Regelzone. In Deutschland gibt es vier dieser Regelzonen, die von den Übertragungsnetzbetreibern 50Hertz, Amprion, TenneT und TransnetBW geführt werden.

Für jeden Bilanzkreis ist ein Bilanzkreisverantwortlicher (BKV) zuständig – meist ein Energieversorger oder Stromhändler. Er erstellt für den Folgetag einen Fahrplan, in dem festgelegt wird, wie viel Strom wann eingespeist oder verbraucht werden soll. Die Prognosen erfolgen viertelstündlich und berücksichtigen auch wetterabhängige Erzeuger wie Photovoltaikanlagen.

Der Fahrplan wird an den zuständigen Übertragungsnetzbetreiber übermittelt, der ihn mit eigenen Lastflussberechnungen abgleicht. Weichen die realen Stromflüsse vom geplanten Fahrplan ab, greifen Regelmechanismen – unter anderem über sogenannte Regelenergie.

Wie sorgen Bilanzkreise für Netzstabilität?

Das Bilanzkreissystem stabilisiert das Stromnetz, indem es dafür sorgt, dass Erzeugung und Verbrauch aufeinander abgestimmt sind. Denn anders als bei anderen Gütern muss Strom genau in dem Moment erzeugt werden, in dem er verbraucht wird.

Bei Prognosefehlern – etwa durch eine unerwartet hohe Einspeisung aus Solaranlagen – entstehen Abweichungen, die ausgeglichen werden müssen. Dafür greifen die Übertragungsnetzbetreiber auf Ausgleichsenergie zurück. Die Kosten für diese Abweichungen trägt der BKV in Form sogenannter Ausgleichsenergiekosten. Diese wirken wie eine Strafzahlung für Ungleichgewichte und setzen einen wirtschaftlichen Anreiz, Fahrpläne möglichst genau zu erstellen.

Bilanzkreismanagement in der Praxis

Die Anforderungen an ein präzises Bilanzkreismanagement steigen – auch durch die zunehmende Anzahl dezentraler Anlagen. PV-Anlagen auf Hausdächern und strombasierte Wärmepumpen verändern die Verbrauchs- und Einspeiseprofile vieler Haushalte. Diese sind häufig schwerer vorherzusagen als der Betrieb konventioneller Kraftwerke.

Um den eigenen Bilanzkreis im Gleichgewicht zu halten, müssen BKV nicht nur präzise Lastprognosen erstellen, sondern auch einen zuverlässigen Datenaustausch mit Netzbetreibern und Marktpartnern sicherstellen. Dazu gehört:

  • die Erstellung und Übermittlung von Fahrplänen,
  • das Management aller zugeordneten Einspeise- und Entnahmestellen,
  • die Abrechnung der Ausgleichsenergie sowie
  • die Verwaltung der Verträge mit Übertragungs- und Verteilnetzbetreibern.

Auch Haushalte mit Solaranlage oder Wärmepumpe profitieren indirekt von einem gut funktionierenden Bilanzkreismanagement: Nur wenn Einspeisung und Verbrauch im Gesamtsystem gut koordiniert sind, bleibt das Netz stabil – auch in Zeiten hoher Einspeisung oder gleichzeitiger hoher Nachfrage.

Vertragliche und rechtliche Rahmenbedingungen

Die Zusammenarbeit zwischen Übertragungsnetzbetreibern und Bilanzkreisverantwortlichen basiert auf standardisierten Bilanzkreisverträgen. Darin ist geregelt, wie Energiedaten ausgetauscht, Abrechnungen erstellt und Prognosen übermittelt werden.

Rechtliche Grundlage ist unter anderem die MaBiS – Marktregeln für die Durchführung der Bilanzkreisabrechnung Strom der Bundesnetzagentur. Sie legt verbindlich fest, wie die Bilanzkreisabrechnung erfolgen muss – etwa bei Abweichungen zwischen prognostizierten und tatsächlichen Mengen. Ein zusätzliches Regelwerk ist der Network Code on Electricity Balancing, der europaweit einheitliche Standards im Bilanzkreismanagement fördert.

Finden Sie heraus, ob sich eine Solaranlage auch für Ihr Haus lohnt:
Zum Ersparnisrechner