Autorin: Linda Jacobs
Die Netzfrequenz beschreibt, wie oft sich die Polarität des Wechselstroms pro Sekunde ändert. Sie wird in Hertz (Hz) gemessen und beträgt im europäischen Verbundnetz – und damit auch in Deutschland – 50 Hz. Das bedeutet: Der Strom wechselt 50 Mal pro Sekunde die Richtung. Diese Frequenz ist europaweit synchronisiert und entscheidend für die Stabilität und Sicherheit des Stromsystems.
Historisch gab es viele verschiedene Frequenzen – von 25 bis 133 Hz. Die Wahl fiel in Europa schließlich auf 50 Hz, weil sich bei dieser Frequenz Transformatoren, Motoren und Glühlampen effizient betreiben lassen und der Spannungsabfall durch Selbstinduktion in den Netzen begrenzt bleibt. Der Verband Deutscher Elektrotechniker (VDE) erklärte 1930 die 50 Hz zur genormten Nennfrequenz – seither hat sie sich in großen Teilen der Welt etabliert. In Nordamerika hingegen sind 60 Hz Standard.
Die Netzfrequenz ist ein Echtzeitindikator für das Gleichgewicht im Stromnetz. Produktion und Verbrauch von elektrischer Energie müssen zu jedem Zeitpunkt exakt übereinstimmen. Wird mehr Strom erzeugt als verbraucht, steigt die Frequenz leicht. Wird zu viel Strom entnommen, sinkt sie. Erlaubt sind Schwankungen von ± 0,2 Hz. Eine Abweichung in diesem Bereich entspricht bereits einer Differenz von etwa 3 Gigawatt – also dem Ausfall mehrerer Kraftwerke.
Damit das Netz stabil bleibt, greifen bei Abweichungen abgestufte Regelmechanismen – auch als Regelenergie bezeichnet:
In Deutschland wird die Frequenzüberwachung und -regelung von vier Übertragungsnetzbetreibern durchgeführt: TenneT, 50Hertz, Amprion und TransnetBW. Die Frequenz wird an mehreren Punkten kontinuierlich digital gemessen – mit einer Genauigkeit unter 0,001 Hz.
Auch dezentrale Erzeuger und Verbraucher wirken heute auf die Netzfrequenz ein. Solaranlagen mit Wechselrichtern synchronisieren sich mit der 50-Hz-Netzfrequenz. Steigt die Frequenz über 50,2 Hz, reduzieren viele PV-Anlagen ihre Leistung automatisch. Umgekehrt kann der Betrieb steuerbarer Verbraucher wie Wärmepumpen oder Ladeboxen so geregelt werden, dass sie zu Zeiten hoher Netzlast weniger Strom ziehen – etwa durch Smart Meter und Lastmanagementsysteme.
Wichtig: Bei einem Netzausfall funktionieren netzgekoppelte PV-Anlagen nicht. Der Wechselrichter schaltet sich automatisch ab, da er zur Synchronisierung auf die stabile Netzfrequenz angewiesen ist. Eine autarke Stromversorgung ist nur mit spezieller Technik wie der Enpal Notstromlösung möglich.
Kommt es zu größeren Frequenzabweichungen, greifen Sicherheitsmechanismen. Bei Unterfrequenz unter 49,8 Hz werden zunächst Kraftwerksreserven aktiviert. Sinkt die Frequenz weiter ab, erfolgt in mehreren Stufen ein Lastabwurf – also die gezielte Trennung von Stromverbrauchern vom Netz. Bei Überfrequenz über 50,2 Hz drosseln viele Anlagen ihre Einspeisung. Dieses Verhalten wird in der Systemstabilitätsverordnung geregelt.
Die Netzfrequenz ergibt sich aus der Drehzahl der Generatoren und der Polzahl im Kraftwerk. In Verbundnetzen wie dem europäischen Stromnetz müssen alle Stromerzeuger synchron zur Netzfrequenz laufen – also exakt im gleichen Takt. Schwankungen der Frequenz sind meist Folge von Laständerungen oder Netzstörungen. Ein Beispiel ist der europaweite Stromausfall vom 4. November 2006, bei dem sich Frequenzabweichungen in verschiedenen Regionen unterschiedlich stark auswirkten.